Samstag, 22. Juli 2017

Ehe für alle! Benutzt von allen?

Einen wunderschönen guten Tag,

bei strahlendem Sonnenschein (also im Moment von dort aus, wo ich gerade schreibe) melde ich mich zum dritten Mal in diesem Jahr aus meiner Schaltzentrale zurück, heute mit meiner Einschätzung der "Ehe für alle", sprich dem Bundestagsbeschluss zur Öffnung des (rechtlichen) Ehebegriffs auch für homosexuelle Paare, die bisher im Vergleich zu heterosexuellen Paaren lediglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen konnten, aber, vor allem rechtlich und steuerlich, anders eingeschätzt wurden.

Ich werde wieder in Thesen vorgehen. Diese Thesen spiegeln grundsätzliche Gedanken von mir wieder. Ich betrachte die Thematik von mehreren Perspektiven, allerdings sollte klar sein, dass man eine eigene Vorlesung zum Thema "Ehe aus juristischer Sicht", "Ehe aus religiöser Sicht", usw. machen könnte.
Sollten also an der einen oder anderen Stelle Gedanken aufkommen wie "Man, aber dazu gehört doch noch..." oder "Aber Aspekt XY darf man nicht vergessen", dann kann das sachlich ganz bestimmt korrekt sein, aber ich argumentiere ja auch in einem gewissen Maße aus einer subjektiven Sicht.

Dazu bedarf es allerdings einiger Vorbemerkungen, die ich in späteren Ausführungen entsprechend aufgreifen werde.

Aus gesetzlicher Sicht ist das Thema Ehe ein besonderes Thema, weil es einfach einen wichtigen Platz in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland einnimmt. Die ersten neunzehn Artikel des Grundgesetzes werden als "Grundrechte" bezeichnet. Dort finden sich unter Artikel 6 folgende Absätze:

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122, Abruf: 22.07.2017, 14:03 Uhr)

Die Ehe war jahrhundertelang aus politischer Sicht eine Institution, d.h. eine bestimmte Einrichtung respektive (rechtliche) Lebensgemeinschaft von Mann und Frau mit der Offenheit und der Anstrebung von Kindern, für die diese Institution die erste Sicherheit gewährleistet.

Die Ehe für alle wurde in der letzten Sitzung des Bundestages vor der jährlichen Sommerpause beschlossen, auf Initiative des Bundesrates hin. Bundeskanzlerin Merkel hatte die Gewissensfreiheit der Politiker ihrer Partei bei der Entscheidung ermöglicht und den sogenannten Fraktionszwang aufgehoben. Linke, Grüne und SPD wollten sowieso schon lange die Ehe für alle.

Bundestagspräsident Frank-Walter Steinmeier hat nun als Staatsoberhaupt das Gesetz unterschrieben, somit kann es in drei Monaten von heute an in Kraft treten, genauer gesagt ab Anfang Oktober.

So viel zu den Fakten. Nun meine Meinung in Form von 3 Thesen:

(1) Unabhängig, ob man dafür ist oder nicht, dass die Ehe für alle kommen sollte bzw. die Öffnung der Ehe für alle, war das wie eines demokratischen Rechtsstaates nicht würdig!
Dass ein solch sensibles Thema wie die Ehe, einer Einrichtung zweier Menschen, die auf prinzipiell lebenslanges Zusammensein aus ist, und in der die nächste Generation die Basics für das Leben mitbekommt, also wirklich die kleinste Form der Gesellschaft ist, zu einem politischen Spielball verschiedener Parteien wird, ist im Geist des Grundgesetzes unwürdig und stuft die ehrlichen Bemühungen von Politikern und Aktivisten der letzten knapp siebzig Jahre massiv herab. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt.
Ich habe in den letzten Wochen dann sowas gehört wie: "Ja, ist doch egal, Hauptsache, es ist jetzt echte Gleichberechtigung da."
Nein! Es ist nicht egal. Wie bereits angeführt, geht es hier um Artikel 6 des Grundgesetzes, einem Grundrecht jeden Bürgers. Was die Grundrechte des Grundgesetzes, einer der am höchsten angesehenen Verfassung der Welt, angeht, plädiere ich für deutlich mehr Fingerspitzengefühl und für weniger politischen Missbrauch.
Damit hat man u.U. auch dem Bundesverfassungsgericht einen Bärendienst erwiesen, weil jetzt gerade aus rechts-konservativer Ecke Verfassungsklagen kommen könnten und in Zeiten von Terror und politischem Radikalismus hat das Bundesverfassungsgericht bestimmt besseres zu tun.

(2) Das Thema Kinder muss nun klar geregelt werden, da mit der Öffnung der Ehe auch das gleichberechtigte Adoptionsrecht einsetzt.Mit der Gleichstellung mit einer heterosexuellen Ehe haben homosexuelle Paare im vollen Umfang zukünftig dieselben Adoptionsrechte wie heterosexuelle Paare.
So weit, so gut.
Jedoch müssen hier klare Regelungen schnell in das juristische Prozedere eingehen, dass am Ende nicht die Kinder darunter leiden müssen.
Ein anderer Aspekt muss weiterhin beachtet werden: Homosexuelle Paare können aus sich heraus keine Kinder zeugen. Dies wäre nur über eine Leihmutterschaft bzw. künstliche Befruchtung möglich.
Hier müssen klare Regeln getroffen werden, wie das Verhältnis der Partner untereinander und zu den Kindern ist, sonst haben unter (rechtlichen) Missverständnissen alle Beteiligten zu leiden.
Zusätzlich sollte die Leihmutterschaft weiterhin verboten bleiben, weil sie Ausbeutung (der Leihmütter) und eine risikobehaftete Trennung von leiblicher Mutter und Kind zur Folge hat.

(3) Der Begriff "Ehe für alle" (den ich hier selber zwecks leichterer Einordnung benutzte) muss eingegrenzt bleiben.Was sich zunächst wie ein Widerspruch anhört, ist ein Plädoyer für den Schutz der Menschen. So darf "Ehe für alle" keine Ehe von zu nahen Verwandtschaftsverhältnissen bedeuten, weil Kinder einem hohen genetischen Risiko ausgesetzt wären und immer die Gefahr von familiärer Drängung (in einigen Kulturen keine Ausnahme) bestünde.
Alle weiteren möglichen Eheverbindungen, bei deinen Gefahr für einen der Partner oder gar beide Partner oder Kinder besteht, müssen verhindert werden.



Exkurs Die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare zeigt die wunderbare Trennung von Staat und Religion (Kirche) in unserem Land.Natürlich beschäftigt mich dieses Thema als Katholik sehr, gleichzeitig fühle ich mich in meinen religiösen Gefühlen oder meiner "religiösen Einstellung" zum Thema Ehe in keinster Weise angegriffen. Es wird immer über den Einfluß der Religion auf den Staat bzw. die Politik gesprochen und wie man diesen eindämmen müsste. Hier zeigt sich, dass ein Gesetz geändert wird und die beispielsweise kirchliche Ehe damit nicht (direkt) angegriffen oder eingeschränkt wird (ob sie dadurch "indirekt" angegriffen wird, hängt sicherlich auch von der individuellen religiösen Positionierung ab).
Dies ist keine Selbstverständlichkeit, denn es gibt viele Länder, in denen Gesetzesänderungen einen unmittelbaren Einfluß auf Religionsgemeinschaften haben und ihnen (gerade das Christentum mit weltweit knapp 100 Millionen verfolgten Gläubigen weiß darum) Gesetze aufzwängen.
Aber hier wurden ja die kirchlichen oder religiösen Ehebegriffe nicht angetastet, die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften können weiterhin mit ihren Gläubigen kirchliche und religiöse Hochzeiten durchführen wie sie es vorher getan haben und der "religiöse Geist" dieser Ehen bleibt derselbe.

Zum Abschluss noch ein Zitat von Jens Spahn, CDU-Politiker, das ungefähr meine Einstellung zu dieser Thematik widergibt:
"Denn gerade weil ich ein wertkonservativer Mensch bin, möchte ich, dass auch zwei Männer oder zwei Frauen Ja zueinander sagen und heiraten können." (Quelle: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/jens-spahn-oeffnung-der-ehe-ist-logischer-schritt-aid-1.6910653, Stand: 22.07.2017, 15:05 Uhr)

Ob dafür der Ehebegriff als solcher verwendet und benutzt werden musste und muss und ob eine Ausweitung der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht gereicht hätte, ist eine weitere Frage.