Die Analyse von Ludwig Feuerbachs "Das Wesen des Christentum"
Entschuldigt bitte, dass ich solange gebraucht habe, viel Freude und Nachdenken damit ;)
Analyse
Ludwig Feuerbachs „Das Wesen des Christentum“
Dritte
Auflage, Wiegand 1849
Veröffentlicht
durch den Anaconda Verlag, Köln, 2014
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Zum Autoren
2
Seine Hauptthesen
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Struktur
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Einordnung und Gegenargumentation
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Zum Autoren
Ludwig
Feuerbach (1804-1872) war ein berühmter und auf viele andere Autoren
einflussreicher Philosoph, Autor und Religionskritiker des 19. Jahrhunderts.
Bekannt geworden ist er vor allem durch sein Werk „Das Wesen des Christentum“.
Bekannt geworden ist er vor allem durch sein Werk „Das Wesen des Christentum“.
Er
führt darin aus, welche innere Kritik man dem Christentum und seiner
Glaubenssubstanz sowie seinen Ausprägungen machen muss (aus seiner Sicht).
Durch
die Ideen des sogenannten „Vormärz“ beflügelt, machte er sich Anfang der 1840er
Jahre konkret daran, seine Religionskritik zu entwickeln.
Grundgedanken
hierzu kann man aber bereits Anfang der 1830er Jahre erkennen.
Er
stand philosophiegeschichtlich in der Linie der Aufklärung, allerdings war
seine Religionskritik nicht institutionell (z.B. Kirche) und/oder personenorientiert (eigene
Unmündigkeit, Immanuel Kant), sondern vielmehr auf den inneren Sinngehalt der
Religion und die Psychologie des Menschen konzentriert.
In
diesem Zusammenhang ist es wohl ganz interessant, dass seine Arbeit einigen Einfluss
auf Dr. Sigmund Freud hatte.
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Seine Hauptthesen
Für
Ludwig Feuerbach ist das was allgemeinhin als „Theologie“ bezeichnet wird
eigentlich „Anthropologie“. Er begründet dies damit, dass der Mensch, wenn er
versucht mit Gott Kontakt aufzunehmen, eigentlich zu sich selbst, zu seinen
inneren Wünschen, Hoffnungen, Freuden, Fehlern, Begrenztheiten, usw. Kontakt
aufnimmt.
Diese
Hauptthese ist vielen unter dem Begriff „Projektionshypothese“ bekannt. Damit
ist (nach Feuerbach) gemeint, dass der Mensch die angesprochenen Aspekte auf
ein höheres Wesen „projiziert“, das aber letztlich er selbst ist.
Feuerbach
bewertet dies negativ.
Er
sieht darin eine Kompensation des Menschen aufgrund seiner (biologischen und
evolutionären) Grenzen. [Feuerbach bringt seine Schrift in einer Zeit heraus,
in der die (Natur-)Wissenschaften einen großen Sprung nach vorne machen und
viele ehemalige Geheimnisse der Welt erklären]
Für
ihn braucht es keinen Gott, der Verstand des Menschen reiche völlig aus.
Ein
Aspekt, der Feuerbach besonders beschäftigt, ist der Aspekt der Moral.
Seine
Gotteskritik bezieht sich vor allem auf Gott als moralisches Wesen, das durch
die vorgegebene Moral den Menschen abhängig von Gott mache.
Legt
man aber die Prämisse Feuerbachs zu Grunde, dass Gott eigentlich ein vom
Menschen erschaffenes Wesen ist, so könne man daraus auch schlussfolgern, dass
das, was vom Menschen als „Gott“ bezeichnet wird, vom Menschen abhängig sei und
nicht umgekehrt.
Somit ist auch jede göttliche Moral eigentlich eine menschliche Moral und kann vom Menschen dementsprechend auch verändert und ihm nicht aufgezwungen werden.
Somit ist auch jede göttliche Moral eigentlich eine menschliche Moral und kann vom Menschen dementsprechend auch verändert und ihm nicht aufgezwungen werden.
Feuerbach
fasst es selbst folgendermaßen zusammen:
„Das
Wissen des Menschen von Gott ist das Wissen des Menschen von sich, von seinem
eigenen Wesen“ (S. 406).
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Struktur
Grundsätzlich
teilt sich Feuerbachs Schrift in zwei Teile:
„Das
wahre, d.i. anthropologische Wesen der Religion“ und „Das unwahre, d.i.
theologische Wesen der Religion“.
Er
nimmt also prinzipiell eine positive und negative Definition vor, sagt was
Religion sei und was sie nicht sei.
Neben
seinen Grundgedanken zum Wesen des Menschen und der Religion im Allgemeinen „frühstückt“
er die theologischen Hauptmotive des Christentums ab (Dreieinigkeit,
Auferstehung, Eschatologie, etc.).
Er
spricht in seinen Unterkapiteln von „Geheimnissen“ (beim ersten Teil) und von „Widersprüchen“
(beim zweiten Teil).
Er
zieht zwar immer wieder kirchengeschichtliche Aspekte mit hinein, bleibt aber
alles in allem auf einer dogmatischen Ebene.
4
Einordnung und Gegenargumentation
Ludwig
Feuerbach sieht den Menschen auf „Platz Eins“.
Da
Gott ein vom Menschen erdachtes bzw. „projiziertes“ Wesen ist, ist der Mensch
der Urheber und letzte Entscheider.
Eine
erste Problematik, die ich hier sehe (ohne direkt den Gottesbezug
hinzuzunehmen) ist die, dass es für Feuerbach scheinbar nichts außerhalb der
menschlichen Existenz gibt [in diesem Kontext nicht naturwissenschaftlich
gemeint, sondern philosophisch, spezifischer: metaphysisch].
Darüber
hinaus ist es so, sowohl in einem metaphysischen als auch weitestgehend
naturwissenschaftlichen Sinne, dass der Mensch seine eigene Existenz nicht aus
sich selbst heraus erschaffen kann. In der Theologie bezeichnet man dies als unverfügbare Sinnbedingungen menschlicher
Existenz.
Allein
das sollte zumindest Zweifel an der Prämisse Feuerbachs aufkommen lassen.
In
diesem Kontext zeigt sich, dass Feuerbach bei seinen einbezogenen Parametern
auch fast gänzlich in Raum und Zeit denkt. Diese Informationen hatte Feuerbach
im 19. Jahrhundert zwar noch nicht, aber selbst die moderne Physik geht
heutzutage ganz selbstverständlich davon aus, dass es Existenz(en) außerhalb
der unser aller bestimmenden Parametern Raum und Zeit gibt und diese eine
enorme Wirkung auf Existenz(en), die auf Raum und Zeit basieren, haben kann
(Beispiel schwarze Löcher).
Nun
soll auf die konkrete Kritik Feuerbachs am biblischen Gott eingegangen werden.
Ludwig Feuerbach soll an dieser Stelle zunächst einmal das Lob zukommen, dass er durchaus gute Kenntnisse vom biblischen Gott hatte. An verschiedenen Stellen stützt er seine Argumentation mit entsprechenden biblischen Stellen.
Ludwig Feuerbach soll an dieser Stelle zunächst einmal das Lob zukommen, dass er durchaus gute Kenntnisse vom biblischen Gott hatte. An verschiedenen Stellen stützt er seine Argumentation mit entsprechenden biblischen Stellen.
Auf
den zweiten und genaueren Blick zeigt sich aber, dass Feuerbach von einem ziemlich
karikierten und schemenhaften Bild des biblischen Gottes ausgeht.
Unausgesprochen
steht bei ihm ein biblisches Gottesbild zugrunde, dass Gott als „komplett
definiert“ und „durchschaut“ aufzeigt.
Aus
seiner Bibelstudie hat er offensichtlich ein klares Gottesbild erhalten.
Daran
ist zunächst einmal auch nichts auszusetzen, denn durch die Bibel wird ja
schließlich auch ein bestimmtes Gottesbild vermittelt, das zu einem
christlich-jüdischen Gottesbild geführt hat.
Allerdings
kommt bei Feuerbach der biblische Gedanke zu kurz, dass Gott auch immer ein
bisschen der andere bleibt. Gott zeigt sich zwar in der Geschichte (zuerst dem
jüdischen Volk und dann in und durch Jesus Christus), kann aber beileibe nicht
als „komplett definiert“ bezeichnet werden.
Er
bleibt immer auch irgendwo ein Geheimnis, das mit rein menschlichen Attributen
nicht zu fassen ist.
Damit
entzieht er sich dem Menschen aber nicht, sondern es gehört vielmehr ganz
selbstverständlich zu dem Wesen Gottes, mit dem er an die Menschen herantritt.
Bei
Feuerbachs Kritik, dass der Mensch in Gott auch und vor allem seine eigenen
Fehler und Begrenztheiten projiziert, klammert Feuerbach meiner Meinung nach
das pointierte „Schöpfer-Geschöpf-Verhältnis“ aus, so wie es in der Bibel
angelegt ist.
Er
bleibt auf einer für mich zu reinen psychologischen Ebene und grenzt dieses
theologische Motiv als solches zu sehr aus.
Eine
weitere Problematik, die vielleicht auch dem Umstand geschuldet ist, dass die
Bibel im 19. Jahrhundert noch zu wörtlich und direkt genommen wurde, ist die
des wörtlichen Verstehens der biblischen Symbolsprache.
Aus
einer vielleicht metaphorisch bzw. bildlich-symbolisch gemeinten Bibelstelle
heraus beginnt Feuerbach häufig seine Argumentation.
Allerdings
sei an dieser Stelle betont, dass ich ebenfalls ohne moderne
Bibelwissenschaften vielleicht ähnliche Probleme mit der stark symbolischen
Sprache der Bibel zu kämpfen hätte.
Wie
einseitig Feuerbachs zuweilen ist, (nicht gänzlich als Kritik an Feuerbach
gemeint, sondern auch einfach logisch, weil er ja in eine bestimmte Richtung
argumentiert und lenken will) möchte ich an ein paar Beispielen deutlich
machen:
Zum
Ende seines sechszehnten Kapitels geht er u.a. auf die Wunder Jesu ein und wie
der Mensch dadurch eigentlich nur die gewünschte Allmacht in einen besonderen
gottesnahen Menschen wie Jesus projiziert.
An
dieser Stelle sei aber nun festgehalten, dass Jesus in den Evangelien nicht nur
der starke Wundermacher und Heiler ist und pausenlos mit der Allmacht Gottes
rumwerkelt, sondern Jesus erscheint, nicht nur, aber vor allem am Kreuz, als
ein ohnmächtiger Mensch. In diesem Punkt sind die biblischen Zeugnisse des
Lebens und der Kreuzigung Christi (nach moderner Bibelwissenschaft) nah an der
historischen Wirklichkeit.
Im
neunzehnten Kapitel erläutert Feuerbach, dass Gott eins mit den Interessen des
Menschen sei und „Gott ist die meinen Wünschen und Gefühlen entsprechende
Existenz: er ist der Gerechte, der Gütige, der meine Wünsche erfüllt“ (S. 315).
Der biblische Gott wiederrum erfüllt aber sehr oft nicht die Wünsche des Menschen. Es zeigt sich nicht einfach eine Formel á la „gottgefälliges Leben = erfüllte Wünsche“, sondern oft bleibt der Mensch verständnislos zurück und kann sich die Abkehr Gottes von ihm nicht erklären (auch bekannt als Theodizee-Problem).
Stark pointiert kommt dies natürlich im Buch Hiob zum Tragen.
Der biblische Gott wiederrum erfüllt aber sehr oft nicht die Wünsche des Menschen. Es zeigt sich nicht einfach eine Formel á la „gottgefälliges Leben = erfüllte Wünsche“, sondern oft bleibt der Mensch verständnislos zurück und kann sich die Abkehr Gottes von ihm nicht erklären (auch bekannt als Theodizee-Problem).
Stark pointiert kommt dies natürlich im Buch Hiob zum Tragen.
Im
siebenundzwanzigsten Kapitel behauptet Feuerbach: „Gott hat sich für den
Menschen geopfert, dafür muss sich jetzt wieder der Mensch Gott opfern […] Je
mehr etwas dem Menschen, der Natur widerspricht, je größer die Selbstverleugnung,
desto größer auch die Tugend.“ (S. 454)
An
dieser Stelle kann ich wohl mit klarer Stimme sagen, dass in der modernen
Theologie dies kaum ein Theologe noch unterschreiben würde.
Wenn
nämlich eine quasi Verpflichtung zur „Selbstopferung“ bestünde, so wäre die
Freiheit und die Verantwortung des Menschen stark beschnitten. Denn nur aus
Freiheit und Verantwortung entsteht bewusstes Handeln, zu dem jeder Christ
aufgerufen ist.
Feuerbachs
Hauptkritik zielt ja letztlich darauf ab, dass der Mensch sich von einem (nach
seiner Ansicht erdachten) göttlichen Wesen abhängig mache. Seiner Ansicht nach
ist aber das göttliche Wesen vom Menschen abhängig, weil es ja (aufgrund von
vor allem psychologischen und philosophischen Gründen) vom Menschen erdacht
ist.
Aus meiner Sicht, der eines Theologiestudenten und gläubigen Katholiken, ist das Wort „abhängig“ falsch gewählt.
Aus meiner Sicht, der eines Theologiestudenten und gläubigen Katholiken, ist das Wort „abhängig“ falsch gewählt.
Weder
der Mensch noch Gott ist voneinander abhängig (weder existenziell noch in ihrem
Wesen), sondern sie sind einander ZUGEHÖRIG.
Und
dieses Wort beinhaltet das, was jedem menschlichen Wesen zu Eigen ist: Freiheit
und Verantwortung und somit bewusstes Handeln.